Entscheidungen müssen getroffen werden!
Am 12. Mai 2023 durften wir in der Schiedsrichter Gruppe Schaffhausen einen hohen Besuch empfangen. Keine geringere Person als die Schiedsrichter-Persönlichkeit Urs Meier! Ehemaliger FIFA-Schiedsrichter, TV-Schiedsrichter-Experte und Referent. Vor dem Ligaspiel zwischen dem FC Schaffhausen und dem FC Stade-Lausanne-Ouchy sprach Urs Meier vor besammelter Schiedsrichtergruppe für etwas mehr als 30 Minuten über seine Schiedsrichterkarriere und wie sich das Ganze rund um den Fussball und das Schiedsrichterwesen verändert hatte. Ein wichtiger Bestandteil seiner Rede dabei war auf jeden Fall «Entscheidungen treffen«. Wie wir wissen wurden im Fussballwesen, sowie in der Schiedsrichterei in den letzten Jahren viele Entscheidungen getroffen. Seien es jene bezüglich dem Regelwerk oder auch der Einführung des VAR (Video Assistent Referee).
Mit diesem Aufbau seines Referats in Bezug auf Entscheidungen treffen, wollte Urs Meier auf seine Entscheidung aus dem Viertelfinalspiel an der EM 2004 zwischen Portugal und England zusprechen kommen. Grund war ein aberkanntes Tor seitens Urs Meier in der 90 Minute der Engländer beim Spielstand von 1:1. Am Ende verloren die Engländer das Spiel mit 6:5 (i.E.). In seinem Referat sprach Urs Meier eben über diese Situation und wie er sie erlebte. Er gab offen und ehrlich zu, dass er nicht genau sah, was passierte. Er sah nur, dass der portugiesische Torhüter Ricardo am Boden lag und der Ball im Netz landete. Für ihn schien etwas in dieser Situation inkorrekt zu sein, vertraute jedoch seinem Bauchgefühl und annullierte das vermeintliche Siegestor. In TV-Wiederholungen zeigte sich, dass er mit seinem Bauchgefühl richtig lag. «Ich war schon erleichtert, als ich sah, dass es die richtige Entscheidung war, die ich anhand meines Bauchgefühls getroffen habe», sagte Urs Meier bezüglich des Situation. Die Medien, vor allem jene aus England, waren mit seiner Entscheidung überhaupt nicht zufrieden. Vielmehr wurde er Mittelpunkt der englischen Medien für mehrere Tage. «Nicht einmal David Beckham schaffte es so viele Tage nacheinander auf die Titelseiten der Boulevardblätter in England als ich», witzelte Urs Meier.
Bezüglich seiner Entscheidung im EM Viertelfinal fügte er hinzu, dass nicht nur die Entscheidung ob Tor oder Foulspiel wichtig war. Er musste nach seinem Pfiff gleich eine zweite wichtige Entscheidung treffen. Nämlich spielten die Portugiesen nach dem Pfiff gleich weiter und kamen zu einem aussichtsreichen Konter, welcher zur Erleichterung von Urs Meier, kein Tor ergab. Wäre dies der Fall gewesen, hätte er statt einer wütenden Englandmannschaft gleich 10’000+ Englandfans am Hals gehabt. Hätte Urs das Spiel verlangsamt, wären gleich mehrere Engländer auf ihn zu gerannt. Er war sich dessen bewusst und liess deshalb das Spiel weiterlaufen. Somit hatten die Engländer keine Chancen für Reklamationen und waren gezwungen weiterzuspielen.
Eine wichtige Aussage zum Thema Entscheidungen treffen konnten wir von Urs mitnehmen:
Wir müssen so schnell eine Entscheidung treffen, sodass sich niemand in in dieser kurzen Zeit beschweren kann.
0 Sekunden (Bsp. Foul -> gleich ein Pfiff) ist optimal.
1 Sekunde zu spät entscheiden, zeigt schon Unsicherheiten.
2 Sekunden oder länger bis zum Entscheid abwarten, ist schon fast verheerend.
Dabei appellierte er an uns, dass wir auch öfters auf unser Bauchgefühl hören sollen und mal etwas pfeifen sollen, auch wenn wir es nicht gesehen haben. «9 von 10-mal müssen wir korrekt entscheiden und das eine Mal clever», so die Worte von Urs.
Nach dem Fussballspiel, welches der FC Schaffhausen leider mit 2:4 gegen den FC Stade-Lausanne-Ouchy verloren hatte, gab es nochmals eine spannende Frage-Antwort-Runde, wobei Urs all unsere Fragen beantwortete.
Gesamthaft können wir als Mitglieder der Schiedsrichtergruppe Schaffhausen auf einen fantastischen und spannenden Lehrabend zurückblicken und sprechen nochmals ein riesiges Dankeschön an Urs Meier für seine Zeit und für all diejenigen, welche den Lehrabend besucht haben, aus! Vielen lieben Dank!